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Stellt die (düstere) Vergangenheit eines Hauses einen Sachmangel dar?

17. Februar 2022
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Von Probandt
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Lesezeit: ca. 2 Minuten

Jeder kennt aus Geschichten und Gruselfilmen die Bedeutung, die es für die Einschätzung des Wertes eines Gebäudes hat, wenn sich in dem Gebäude in der Vergangenheit fürchterliche Dinge, wie zum Beispiel ein Mord, ereignet haben. In den angesprochenen Genres wird unterstellt, dass diese Ereignisse fortwirken und sich mithin negativ auf die späteren Bewohner eines solchen Hauses auswirken könen.

Ähnlich muss die Käuferin eines Hauses gedacht und gefühlt haben, als sie erfahren hat, dass in einem von ihr erworbenen Gebäude 20 Jahre zuvor eine Frau und ein Kind ermordet worden waren. In jedem Gruselschocker wäre die logische Folge, dass entweder die damaligen Opfer heute noch ihr Unwesen treiben oder aber zumindest die düstere Aura des Hauses einen negativen Einfluss auf die späteren Bewohner ausübt. Nachdem die Käuferin von dem Verbrechen erfahren hatte, erklärte sie daher die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und wollte den Kauf rückgängig machen. Sie meinte, die Beklagte hätte auch ohne ausdrückliche Nachfrage auf den Doppelmord aus früheren Zeiten hinweisen müssen.

Fraglich ist, inwieweit der Verkäufer des Hauses auf einen derartigen Umstand hinzuweisen hat bzw. ob dem Käufer Schadensersatzansprüche für den Fall zustehen, dass ein derartiger Hinweis vor Vertragsabschluss unterbleibt. Das Landgericht Cottbus (Az. 11 O. 92/20) hat die Klage abgewiesen, da seiner Meinung nach der frühere Doppelmord kein offenbarungspflichtige Umstand gewesen sei. Bemerkenswert ist, dass das Landgericht Cottbus unter gewissen Umständen diese Tatsache als offenbarungspflichtig angesehen hat, obwohl der Vorgang tatsächlich keine Auswirkungen auf die Beschaffenheit des Grundstücks hat. Nach unserer Auffassung sind derartige Umstände nicht offenbarungspflichtig, da sie keine Auswirkungen auf die Beschaffenheit haben, sondern lediglich irrationale Befindlichkeiten solchen Vorgängen, die weder eine Einwirkung noch eine Nachwirkung auf die Sache haben, eine Bedeutung zumessen. Da wäre eher die (uns aus der Praxis bekannte) Tatsache offenbarungspflichtig, dass ein Wünschelrutengänger festgestellt hat, dass sich unter dem Gebäude eine Wasserader befindet, was nach Auffassung einiger Mitmenschen ebenfalls negative Auswirkungen haben soll. Falls sich bewahrheiten sollte, dass sich unter dem Haus eine Wasserader (was auch immer das sein soll) und nicht lediglich eine Wasserleitung befindet, handelt sich hierbei zumindest um eine nachprüfbare und fortwirkende Tatsache.

Auch der Fall, den das OLG Hamm (Urteil vom 20.01.2000 - 22 U 122/99) vor einigen Jahren zu entscheiden hatte, war schon eher geeignet, einen Sachmangel des Grundstückes zu begründen. In diesem Fall befand sich in dem verkauften Gebäude ehemals ein bordellähnlicher Swingerclub. Obgleich in solchen Fällen vielleicht noch mit einem nachwirkenden Besuchsinteresse von Freunden der Swingerclubszene zu rechnen ist, hat das OLG Hamm mit aus unserer Sicht zutreffender Begründung darauf hingewiesen, dass dies kein offenbarungspflichtiger Umstand ist, da die Wohneignung des Hauses dadurch nicht (mehr) beeinträchtigt sei.

Man sieht also, dass gegebenenfalls auch Umstände, die sich nicht auf die Beschaffenheit auswirken, vorsorglich offenbart werden sollten, um Streitigkeiten zu vermeiden.

Für Fragen zu diesem Thema wenden Sie sich bitte an Rechtsanwalt und Notar Dr. Probandt.

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