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Die transmortale Vollmacht im Liegenschaftsrecht

25. Oktober 2021
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Von Probandt
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Lesezeit: ca. 2 Minuten

Immer häufiger kommt es vor, dass Erblasser vor ihrem Tode einem Dritten Vollmacht erteilt haben, sie auch über den Tod hinaus zu vertreten. Insbesondere im Rahmen von Vorsorgevollmachten zwischen Ehegatten oder Eltern und Kindern sind derartige sogenannte transmortale, also über den Tod hinaus wirkende Vollmachten, anzutreffen. Es ist nicht zweifelhaft, dass solche Vollmachten über den Tod des Erblassers hinaus ihre Wirksamkeit bewahren und mithin der Bevollmächtigte im Namen des Verstorbenen, rechtlich aber in Vertretung der Erben, von der Vollmacht Gebrauch machen kann. Dies gilt grundsätzlich auch im Grundstücksrecht, so dass der Bevollmächtigte auch nach dem Tod des Vollmachtgebers berechtigt ist, wirksam über den Grundbesitz des Erblassers zu verfügen.

Fraglich war allerdings bisher, ob dies auch dann gilt wenn der Bevollmächtigte selbst Erbe geworden ist. Hier wurde unter anderem von den Oberlandesgerichten Hamm und München die Auffassung vertreten, dass die Vollmacht erloschen ist, wenn der Bevollmächtigte selbst Alleinerbe geworden ist. Dies beruhe darauf, dass niemand sich selbst aufgrund einer Vollmacht vertreten könne. Diese Auffassung führt im Liegenschaftsrecht dazu, dass der bevollmächtigte Erbe über den Grundbesitz nur verfügen kann, wenn er nachweist, dass er Erbe geworden ist. Dies kann jedoch kostspielig sein, wenn hierzu – wie üblich – ein Erbschein beantragt werden muss. Zudem kann auch die Berichtigung des Grundbuchs erforderlich sein, damit zum Beispiel der Käufer der Immobilie eine Finanzierungsgrundschuld bestellen kann. Die notwendige Berichtigung des Grundbuchs in Abteilung I ist nämlich nur in den ersten zwei Jahren nach dem Tode des Erblassers kostenfrei möglich.

Das Kammergericht hat nunmehr entgegen den Oberlandesgerichten Hamm und München entschieden (KG, Beschluss v. 2.3.2021 – 1 W 1503/20), dass die zugunsten des Alleinerben erteilte Vollmacht nicht durch den Tod des Erblassers erlischt. Folgt man dieser Rechtsprechung kann der Erbe auch gegenüber dem Grundbuchamt offenlegen, dass er Alleinerbe geworden ist. Bisher war es üblich, dass der Alleinerbe zu seiner Erbenstellung keine Angaben machte, so dass das Grundbuchamt nicht davon ausgehen konnte, dass die ihm erteilte Vollmacht erloschen ist. Zumindest in Berlin ist dies vorbehaltlich weiterer Entscheidungen hierzu, nicht mehr erforderlich. Es bleibt abzuwarten, wie sich die übrigen Oberlandesgerichte zu der Frage verhalten bzw. wie der BGH, falls ihm die Frage im Rahmen einer Rechtsbeschwerde vorgelegt wird, entscheiden wird.

Für Fragen zu diesem Thema wenden sich bitte an Rechtsanwalt und Notar Dr. Wolfgang Probandt.

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