istockphoto.com | @Tero Vesalainen

Betreiben Sie eine Webseite? Zahlen Sie mir 100,00 € Schadensersatz!

22. August 2022
|
|
Von Probandt
|
Lesezeit: ca. 2 Minuten

Viele Selbstständige und kleine Unternehmen erstellen ihre Webseite mithilfe von im Internet angebotenen Tools selbst. Sie müssen nun damit rechnen, dass sie von Raubrittern des Internets mithilfe der Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden können, obwohl sie sich keines Unrechts bewusst sind.

Hintergrund ist eine Entscheidung des LG München I vom 20.01.2022 - 3 O 17493/20, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt: Der Betreiber einer Webseite hatte, ohne dies zu bemerken, Schriftarten von Google verwendet. Diese Schriftarten wurden, da sie nicht in der Webseite eingebettet waren, jedes Mal vom Google-Server abgerufen, wenn die Webseite aufgerufen wurde. Dabei wurde an Google die IP-Adresse desjenigen übermittelt, der die Webseite aufgerufen hatte, was notwendig war, damit die Schriftarten zu dem Computer, der die Webseite aufgerufen hatte, übermittelt werden konnten.

Die Übermittlung der (dynamischen) IP-Adresse an Google, so das LG München, stelle eine Persönlichkeitsrechtsverletzung im Sinne von Art. 82 DSGVO dar. Auch dynamische IP-Adressen seien nämlich personenbezogene Daten, da mit Hilfe der zuständigen Behörde und des Internetzugangsanbieters, die betreffende Person anhand der gespeicherten IP-Adresse bestimmt werden könne (BGH, Urteil vom 16.05.2017 - VI ZR 135/13).

Spätestens aufgrund dieser Entscheidung dürfte klar sein, dass unser Datenschutzrecht weit über jedes vernünftige Anliegen hinausgeht. Dem LG München ist zwar zuzugestehen, dass es die DSGVO in Hinblick auf das Urteil des BGH zutreffend angewandt hat. Unverständlich ist jedoch, dass es den Webseitenbetreiber zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt hat. Zur Begründung hat es ausgeführt:

„Der (mit der Übermittlung der IP-Adresse) verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist im Hinblick auf den Kontrollverlust des Klägers über ein personenbezogenes Datum an Google, ein Unternehmen, das bekanntermaßen Daten über seine Nutzer sammelt und das damit vom Kläger empfundene individuelle Unwohlsein so erheblich, dass ein Schadensersatzanspruch gerechtfertigt ist.“

Was den Kläger in dem vom Landgericht München entschiedenen Fall zur Klageerhebung veranlasst hat, ist nicht bekannt. Jedenfalls wird das Urteil nunmehr dazu benutzt, dass - ähnlich wie früher in Abmahnfällen - datenschutzrechtliche Wegelagerer aus Gründen ihres persönlichen finanziellen Eigennutzes das Urteil ausnutzen, um unwissende Webseitenbetreiber zu erpressen.

Es bleibt nur zu hoffen, dass weitere Gerichte die mit entsprechenden Schadensersatzklagen befasst werden, zwischen dem individuellen Unwohlsein und dem finanziellen Eigennutz zu unterscheiden wissen.

Für Fragen zu diesem Thema wenden Sie sich bitte an Rechtsanwalt Dr. Probandt.

„Deutschlands beste Anwälte 2021“ – PROBANDT von Handelsblatt empfohlen

envelopesmartphone