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Außerordentliche Einkünfte im Anstellungsverhältnis

18. November 2022
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Von Probandt
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Lesezeit: ca. 2 Minuten

Die 5tel Regelung kann auch bei der Zahlung von Überstunden unter bestimmten Voraussetzungen angewandt werden.

Es ist weitläufig bekannt, dass im Rahmen von Kündigungsschutzverfahren oder von Arbeitgebern bei Ausspruch von Kündigungen Abfindungen gezahlt werden. Dabei handelt es sich zwar um zu versteuerndes Einkommen, jedoch um außerordentliche Einkünfte gemäß § 34 Abs. 1 EStG. Sozialabgaben fallen ebenfalls nicht an. Diese Einkünfte werden nach der sogenannten 5tel Regelung besteuert, was einen geringeren Steuerabzug zur Folge hat. Nach § 34 Abs. 2 Nummer 4 EStG handelt es sich auch dann um außerordentliche Einkünfte, sofern sie für mehrjährige Tätigkeiten als Einmalzahlung geleistet werden. In dem vom BFH zu entscheidenden Fall war ein Kläger bei einer GmbH in den Jahren 2013 bis 2015 tätig. In dieser Zeit hatte er insgesamt 330 Überstunden geleistet, dabei entfielen auf jedes Jahr ca. 114 Überstunden. 2016 wurde ein Aufhebungsvertrag unterzeichnet. In diesem war unter anderem geregelt, dass die in den vergangenen drei Jahren geleisteten 330 Überstunden in einem Betrag ausgezahlt werden. In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 gab der Kläger in der Anlage N an: „Entschädigungen/Arbeitslohn für mehrere Jahre“. Das Finanzamt gewährte die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG nicht. Dagegen hat der Kläger und zwar mit Erfolg Klage erhoben. Die Revision des Finanzamtes wurde vom BFH als unbegründet zurückgewiesen. Der BFH bestätigte, dass Vergütungen, die für mehrjährige Tätigkeiten gezahlt werden, außerordentliche Einkünfte im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG sein können und folglich ermäßigt zu besteuern sind. Nach dem Gesetzeswortlaut ist eine Tätigkeit mehrjährig, „soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten umfasst“. Die Entlohnung muss also ein zweckbestimmtes Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit sein und die Vergütung muss für einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten und mehrere Veranlagungszeiträume übergreifend geleistet worden sein. Die „mehrjährige Tätigkeit“ und damit Zweckbestimmung kann sich aus dem Anlass oder aus den Umständen ergeben. Wenn jeglicher Hinweis auf den Verwendungszweck fehlt, dann wird die Berechnung des Entgelts begutachtet. Die Entlohnung muss für eine mehrjährige Tätigkeit, aus wirtschaftlich vernünftigen Gründen und in zusammengefasster Form erfolgen. Folglich kann auch eine Lohnnachzahlung für vorangegangene Veranlagungszeiträume außerordentliche Einkünfte darstellen.

Der BFH ist der Ansicht, dass diese Grundsätze auch gelten, wenn, wie in dem vorliegenden Fall, nachträglich Überstundenvergütungen gezahlt werden, sofern die Vergütung für einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten und Veranlagungszeitraum übergreifend geleistet wird. Dies war in dem zu entscheidenden Fall für die Jahre 2013 bis 2015 der Fall. Letztendlich soll die Tarifermäßigung dem Steuerpflichtigen immer dann zugute kommen, wenn in einem Veranlagungszeitraum besondere und außerordentlich hohe Einkünfte gezahlt werden. Dies zeigt, dass eine Prüfung des Sachverhalts immer auch anhand der Rechtsprechung vorzunehmen ist.

Für Fragen zu diesem Thema wenden Sie sich bitte an Rechtsanwältin Claudia Frank, Fachanwältin für Arbeits- und Steuerrecht

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