In der erbrechtlichen sowie notariellen Beratungspraxis wird häufig der Wunsch geäußert, man wolle sein mehr- oder weniger erhebliches Vermögen in eine Familienstiftung einbringen. Dieser Wunsch entspringt meist weniger der Intention, die nächsten erbberechtigten Verwandten zu drangsalieren oder ihnen den Zugriff auf das Vermögen zu entziehen und auch nicht altruistischen Motiven. Häufig liegt dem Wunsch die Vorstellung und der Wille zugrunde, das schwer erarbeitete Vermögen, insbesondere wenn es aus Sachwerten wie Immobilien oder Unternehmen besteht, sichern zu wollen, um damit wenigstens einen kleinen Teil der eigenen Persönlichkeit überleben zu lassen.
Die Stiftung ist eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete, mitgliederlose juristische Person (§ 80 Abs. 1 BGB) – oder anders ausgedrückt, ein sich selbst gehörendes Vermögen. Familienstiftungen sind Stiftungen, bei denen der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugsberechtigt oder anfallsberechtigt sind (§ 15 Abs. 2 AStG).
Häufig gehen die potentiellen Stifter von der Vorstellung aus, die Errichtung der Stiftung sei ähnlich wie die Einbringung von Vermögenswerten in eine Gesellschaft steuerlich neutral. Dies ist nicht der Fall. Sowohl die Begründung einer Stiftung auf den Erbfall (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG) als auch die die Übertragung von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäftes zu Lebzeiten (§ 7 Nr. 8 ErbStG) unterliegen der Erbschafts- bzw. der Schenkungssteuer. Dies gilt nicht nur für Stiftungen deutschen Rechts (§§ 80 ff BGB) sondern auch für ausländische Stiftungen und vergleichbare Vermögensmassen, deren Zweck die Bindung von Vermögen ist (z.B. Trusts).
Da Stiftungen juristische Personen sind, gilt für Zuwendungen an diese lediglich ein Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG in Höhe von 20.000 €. Familienstiftungen genießen hinsichtlich der Besteuerung allerdings ein Familienprivileg. Nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG ist für die Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde „entferntest Berechtigten“ zum Erblasser oder Schenker zugrunde zu legen. Die Bestimmung des „entferntest Berechtigten“ entscheidet daher insbesondere über den maßgeblichen Freibetrag (§ 16 ErbStG) und den anzuwendenden Steuersatz (§ 19 ErbStG). Es liegt nahe, anzunehmen, dass wenn die Kinder des Stifters sowie die weiteren Abkömmlinge als Begünstigte eingesetzt werden, auf die Zuwendung der Freibetrag und der Steuersatz für Kinder und Abkömmlinge (Steuerklasse I.2) anwendbar ist.
Der BFH (Urteil vom 28.02.2024, NJW 2024, 1902) sieht dies indes anders. Der Begriff des „entferntest Berechtigten“ sei dahingehend auszulegen, dass damit derjenige bezeichnet werde, der nach der Stiftungssatzung potenziell Vermögensvorteile aus der Stiftung erhalten solle. Der „entferntest Berechtigte“ müsse im Zeitpunkt der Errichtung der Familienstiftung daher noch nicht unmittelbar bezugsberechtigt sein. Es sei ausreichend, wenn er erst in der Generationenfolge anspruchsberechtigt werde. Da Kinder (Freibetrag von 400.000 €, § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), Enkel (Freibetrag in Höhe von 200.000 €, § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG und Urenkel (Freibetrag von 100.000 €, § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterschiedlich besteuert werden, würde lediglich der niedrigste Freibetrag zur Anwendung kommen.
Da die Familienstiftung für die Ewigkeit gemacht ist und sie niemals stirbt, gibt es bei Ihr auch keinen Erbfall, der der Erbschaftsteuer unterliegen würde. Daher hat sich der Gesetzgeber eine Besonderheit ausgedacht: Das Stiftungsvermögen einer rechtsfähigen Familienstiftung unterliegt alle 30 Jahre der Erbersatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). Dies gilt allerdings nur für Inländische Familienstiftungen, während ausländische Stiftungen davon ausgenommen sind.
Vor der Gründung einer Familien Stiftung sind daher nicht nur die Stiftungsstrukturen gründlich zu überdenken sondern auch die steuerlichen Fragen.
Für Fragen zu diesem Thema wenden Sie sich bitte an Rechtsanwalt und Notar a.D. Dr. Wolfgang Probandt.